Bereits Mitte der 1920er Jahre strebte die US-Filmwirtschaft in den deutschen Filmmarkt. 1925 standen 216 US-Exporten 212 deutsche Produktionen entgegen. Das hatte seine Gründe. Nach dem ersten Weltkrieg konnten inflationsbedingt Deutschland und Österreich günstig herstellen und auch ins Ausland verkaufen. Mit dem Ende den Inflation war dies erledigt und diese beiden Länder wurden (wie vorher auch Großbritannien oder Frankreich) zum Ziel der US-Filmindustrie. Zum Schutz der einheimischen Filmindustrie führten die europäischen Länder Filmkontingente ein. Als der größte europäische Filmkonzern, die UFA, 1925 in eine bedrohliche Schieflage geriet, kam die Rettung dann- aus den USA. MGM und Paramount gewährten der UFA einen Kredit über rd. 4 Millionen US-Dollar. Dafür verpflichtete sich die UFA einen gemeinsamen Verleih mit MGM und Paramount, die sogenannte Parufamet zu gründen. Es zeigte sich bald, das dies für die UFA ein Knebelvertrag war. Die US-Konzerne konnten nun ihre Filme über diesen (formal) deutschen Verleih in Deutschland zeigen, während die UFA nur wenige ihrer Filme in den USA zeigen konnten. Die UFA war durch kaufmännische Fehler und vor allem durch überteuerte Prestigeprojekte in die finanzielle Schieflage geraten. Filme, die heute Filmfreunde in Entzücken versetzen, waren damals aus finanzieller Sicht eine Katastrophe. „Der letzte Mann“, „Tartüff“, „Faust“ oder „Metropolis“ waren aus künstlerischer Sicht hervorragend- fielen aber beim Kinopublikum durch. 1928 gelang es der UFA und ihrem neuen Inhaber Hugenberg, den Vertrag mit Paramount und MGM erträglicher zu gestalten.
Schon Ende der 1920er Jahre gab es wieder mehr deutsche als US-Produktionen in Deutschland. Drastisch ging die Zahl der US-Importe ab 1930 zurück. Zum einen ging die Zahl der Filmproduktionen bedingt durch die Einführung des Tonfilms und Probleme in der Weltwirtschaft allgemein zurück. Zum Anderen griffen die Kontingentbestimmungen immer mehr. 1930 gab es 146 deutsche Produktionen und 79 US-Filme in Deutschland. Mit dem Machtantritt der Nazis änderte sich die Situation nochmals. Zwar kamen 1933 noch 64 US-Filme nach Deutschland, aber 1934 waren es nur noch 41- und es wurden auch nicht mehr! Es gab für die ausländischen Produzenten gleich mehrere Hürden in Deutschland: zunächst war da die Kontingentstelle. War diese Hürde geschafft, folgte die Filmprüfstelle, evtl. dann noch die Oberprüfstelle. Die meisten Verbote wurden gleich von der Kontingentstelle ausgesprochen. Die genaue Zahl der verbotenen US-Filme zwischen 1933 und 1940 lässt sich heute nicht mehr genau sagen, es dürfte ca. 200 gewesen sein.
Dabei hatten gerade die US-Filme gleich zwei große Fans in NS-Deutschland: und zwar den „Führer und Reichskanzler“ Adolf Hitler persönlich und seinen Propagandaminister Joseph Goebbels. Hitler wurden jahrelang die neuesten US-Produktionen exklusiv vorgezeigt. Auch jene Filme, die das gemeine deutsche Volk niemals sehen konnte. Einen Einfluss darauf, ob ein Film zugelassen wurde oder nicht, hatte das aber nicht unbedingt. So war der „Führer“ über die Laurel & Hardy Komödie „Swiss Miss“ (Nachkriegstitel: „Dick und Doof als Salontiroler“) durchaus erfreut; dennoch wurde der Film von der Kontingentstelle 1938 verboten.
Die Gründe, warum ein Film in Deutschland verboten wurde, waren mannigfaltig. Zum einen natürlich das Kontingent an sich. Dann natürlich das Mitwirken jüdischer Filmkünstler oder Emigranten, die Deutschland verlassen hatten. Dann gab es Filme, gegen die es „sittliche“ Vorbehalte gab. Und natürlich Filme wie „Im Westen nichts Neues“, der als Antikriegsfilm schon 1930 für Skandale sorgte. Eine einheitliche (Verbots-) Linie gab es wiederum auch nicht. So lief eine der erfolgreichsten US-Produktionen „Broadway-Melodie“ 1936 in Deutschland, obwohl der Hauptdarsteller, Jack Benny, Jude war. Ende 1939 lief einer der letzten US-Erfolge, das Musical „Südseenächte/ Honolulu“ in Deutschland an. Die wichtigsten Nebenrollen -neben den Hauptdarstellern Robert Young und Eleanor Powell- spielten der jüdische Schauspieler George Burns und seine Ehefrau Gracie Allen (eine Katholikin!). Beider Namen wurden im Vorspann schlichtweg nicht erwähnt. Aber der Film durfte in Nazideutschland laufen!
„Im Westen nichts Neues“ 1930 gedreht, wurde Zeit seiner Existenz immer wieder das Opfer von Zensoren.
Welche US-Filmkonzerne waren in Deutschland? Zunächst war da einmal da Loew’s Inc., besser bekannt als MGM. MGM war 1933 die zweitgrößte Verleihgesellschaft in Deutschland (nach der UFA). Im März 1933 kündigte MGM an, ein eigenes Synchronstudio zu errichten und sich außerdem an der Produktion deutscher Filme zu beteiligen. Doch zu beidem kam es nicht: im Mai 1933 wurde der Bau des Synchronstudios abgesagt, im September 1933 distanzierte man sich vom Einstieg in das deutsche Produktionsgeschäft. Allerdings unterhielt die MGM ab 1933 eine eigene Synchronabteilung (vorher wurden die MGM-Filme in Hollywood deutsch synchronisiert), die ihre Filme in angemieteten Studios wie dem JOFA-Atelier in Berlin-Johannisthal synchronisieren ließ. Geleitet wurde die MGM-Filiale in Berlin von dem Niederländer Fritz Strengholt. Er soll mit einer deutschen Jüdin verheiratet gewesen sein, von der er sich 1937 auf Druck der Nazis scheiden ließ. Angeblich landete die von ihm verlassene Ehefrau später in einem Konzentrationslager.
Genauso viele Filme wie MGM (83) verlieh die Paramount in NS-Deutschland. Auch die Paramount hatte eine eigene Synchronabteilung, auch sie mietete dafür Studios an. Daneben hatte die Paramount eigene Aufnahmeteams für ihre Wochenschau („Paramount News“) in Deutschland. Die „Paramount News“ lief allerdings nicht in Deutschland, sie kooperierte mit der UFA-Tonwoche- bis 1940.
Die Fox Film Corporation, ab 1935 20th Century Fox, hieß in Deutschland Deutsche Fox Film AG. Die Fox brachte von 1933 bis 1940 50 Filme in die deutschen Kinos. Auch sie hatte die Wochenschau als zweites Standbein in Deutschland. Sie zeigte die „Fox tönende Wochenschau“ in Deutschland, die sich vor allem durch regierungsfreundliche Berichterstattung auszeichnete. Aber auch das half nichts: 1939 ging die „Fox“ genau wie ihre deutschen Wettbewerber „Ufa-Tonwoche“, „Deulig-Tonwoche“ und „Tobis-Wochenschau“mit Kriegsbeginn in einer einheitlichen Wochenschau auf. Die deutschen Firmen behielten, aus rechtlichen Gründen, ihre Vorspannlogos allerdings noch einige Monate. Dann aber gab es endgültig nur noch „Die deutsche Wochenschau“.
Als erster US-Filmkonzern zogen sich die Warner Bros. aus Deutschland zurück. Warner hatte sich für ihre Filme an einem deutschen Verleiher, der „National-Film“ beteiligt, die die Filme in Deutschland in die Kinos brachte. Warner zog sich bereits im Sommer 1933 zurück; angeblich wg. der antisemitischen Haltung der deutschen Reichsregierung. Jahre später sagte allerdings Harry Warner, dass der Rückzug vor allem finanzielle Gründe hatte.
Die United Artists waren der zweite US-Konzern, der kapitulierte. Ihr war bereits 1932 wg. Verbreitung vermeintlicher „Hetzfilme“ die Verleihkonzession entzogen worden. 1934 versuchte United Artists in Zusammenarbeits mit der Bayerischen Film AG ein Comeback in Deutschland. Als aber im selben Jahr von sechs Filmen gleich vier verboten wurden, verging die Lust aufs deutsche Filmgeschäft schnell wieder. Der letzte UA-Film in Deutschland war dann „Der Graf von Monte Christo“, der 1935 in die deutschen Kinos gelangte.
Ein Sonderfall war die Deutsche Universal Film AG, seit 1928 von Paul Kohner geleitet. Sie brachte nicht nur ihre US-Filme in Deutschland heraus, sondern produzierte auch eigene Filme wie den von Hitler hochgeschätzten Luis-Trenker-Film „Der Rebell“ (1932) oder „S.O.S. Eisberg“ aus 1933. Sie produzierte aber auch Filme wie Fritz Langs „Das Testament des Dr. Mabuse“, der keine Aufführungserlaubnis bekam. Die Universal war durch ihren Besitzer, den deutschen Auswanderer Carl Laemmle, der jüdischen Glaubens war, den Machthabern ein Dorn im Auge. 1934 begann die Deutsche Universal mit ihrer Liquidierung.
Die Columbia und die RKO hatten keine Niederlassungen in Deutschland. Sie ließen ihre Filme durch deutsche Verleiher vertreiben. Bis 1935 kamen Columbia bzw. RKO-Filme in die deutschen Kinos, darunter Erfolge wie „Die Fabel von King Kong“ (RKO, 1933) und „Es geschah in einer Nacht“ (Columbia 1935). Beide Firmen versuchten bis 1937 ihre Filme im Deutschen Reich aufzuführen, allerdings wurden sämtliche Anträge negativ beschieden.
Fand Gnade bei den NS-Zensoren: „Piraten in Alaska“, 1938
Somit waren letztendlich nur MGM, Fox und Paramount in Deutschland vertreten. Trotz aller Verbote und Repressalien versprach der deutsche Markt noch immer einen guten Gewinn. Dieses war dann aber ab Sommer 1940 erledigt: zwischen Juli und September 1940 mussten die drei ihre Niederlassungen in Deutschland schließen.
Damit war ein wichtiges Kapitel der deutschen Filmgeschichte beendet. Erst ab 1946 kamen die deutschen Kinobesucher wieder in den Genuss amerikanischer Filme.
„Die gute Erde“, 1937, durfte nur in Österreich laufen. Die Synchronfassung wurde aber bei MGM in Berlin hergestellt.
Verbotene US-Filme 1933-1940 (Auswahl):
- Anna Christie (MGM, 1940 verboten)
- Blockheads („Die Klotzköpfe“, MGM, 1938 verboten)
- Die blonde Venus (Paramount, 1933 verboten)
- The Bohemian Girl („Das Mädel aus dem Böhmerwald/ Dick und Doof adoptieren ein Kind“; MGM, 1935 verboten)
- Dr. Jekyll and Mr. Hyde (Paramount, 1933 verboten)
- The Garden of Allah („Der Garten Allahs“, Paramount, 1937 verboten)
- The General Died at Dawn („Der General starb im Morgengrauen“, Paramount, 1937 verboten)
- Forty-Second Street („Die 42. Straße“, Warner, 1933 verboten)
Goldrausch (UA, 1935 verboten) - The Good Earth („Die gute Erde“, MGM, 1937 verboten)
- The Great Ziegfeld („Der große Ziegfeld“, MGM, 1936 verboten)
- Hollywood Party (MGM, 1934 verboten)
- Die Dschungelprinzessin (Paramount, 1937 verboten- 1938 zugelassen)
- Die Fabel von King Kong (RKO, 1933 verboten- dann erlaubt)
- The Last of Mrs. Cheney („Eine Dame der Gesellschaft“, MGM 1937 verboten)
- Marie Antoinette (MGM, 1938 verboten)
- Mr. Deeds Goes to Town („Mr. Deeds geht in die Stadt“, Columbia, 1937 verboten)
- The Prisoner of Shark Island („Der Gefangene der Haifischinsel“, Fox, 1936 verboten)
- Männer um eine Frau („The Prizefighter and the Lady“, MGM, OF 1934 erlaubt, Synchronfassung 1934 verboten)
- Ninotchka („Ninotschka“, MGM, 1939 verboten)
- Rose Marie (MGM, 1936 verboten- 1939 zugelassen)
- Sequoia- Herrin der Wildnis (MGM, 1935 verboten – 1936 zugelassen)
- Swiss Miss („Dick und Doof als Salontiroler“; MGM, 1938 verboten)
- Tarzan and his Mate („Tarzans Vergeltung“, 1934 verboten- lief in Österreich in OF als „Tarzan und sein Kamerad“)
- Tarzan, der Herr der Wildnis (MGM, 1934 verboten)
- Grenzpolizei Texas (Paramount, 1936 verboten – 1937 zugelassen)
- The Thin Man („Mordfall Dünner Mann“, MGM, 1935 verboten)
- Viva Villa! (später auch: „Schrei der Gehetzten“, MGM 1935 verboten – 1936 zugelassen)
Einige dieser Filme liefen (auch in Synchronfassung!) nur in Österreich.
US-Filme, die zwischen 1933 und 1937 mit Prädikaten versehen wurden:
1933 – Liebesleid (künstlerisch wertvoll)
1934 – Königin Christina (künstlerisch wertvoll)
1934 – Nachtflug (volksbildend)
1934 – Die große Zarin (künstlerisch wertvoll)
1935 – Bengali (volksbildend)
1935 – Helden von heute (künstlerisch wertvoll)
1935 – Anna Karenina (künstlerisch wertvoll)
1935 – Der bunte Schleier (künstlerisch wertvoll)
1935 – Die Tempeltänzerin (volksbildend)
1936 – Der letzte Alarm (künstlerisch wertvoll)
1937 – Die Kameliendame (künstlerisch wertvoll)
1937 – Manuel (künstlerisch wertvoll)
1937 – Schiffbruch der Seelen (künstlerisch wertvoll)
Unter diesen Filmen waren alleine vier mit Greta Garbo in der Hauptrolle; sie war eine erklärte Favoritin von Hitler und Goebbels- bevor auch sie Ende der 1930er Jahre in Ungnade fiel („Filmt immer mit jüdischen Regisseuren…“).