Über diesen Blog

„Synchronisation- das gab es damals ja noch gar nicht!“ – so oder ähnlich berichteten Zeitgenossen wie Axel von Ambesser und Kollegen über ihre Erfahrung zu Beginn der Tonfilmära in Fernsehshows, die inzwischen auch schon lange zurückliegen. Als junger Fernsehzuschauer habe ich solche Aussagen hingenommen- was sollte auch dagegensprechen? Die Filmliteratur in den 1970er Jahren war dünn gesät. Das Internet lag noch in weiter Ferne. Schon damals habe ich mich für die deutschen Stimmen der ausländischen Stars interessiert. Meine ersten „Begegnungen“ stammten noch aus den 60er Jahren: Hans Clarin sprach für „Kookie“ Edd Byrnes in „77 Sunset Strip“ und Heinz Drache lieh Patrick McGoohan in „Geheimauftrag für John Drake“ seine Stimme. Später sammelte ich dann Informationen aus den Programmzeitschriften „Gong“ und „HörZu“, die regelmäßig deutsche Sprecherangaben in den damals noch ausführlichen Besetzungslisten listete- heute undenkbar! Um die Jahrtausendwende kam dann ein neues Medium- das Internet. Nun war es möglich, weitere Infos zu bekommen- wobei mein Betätigungsfeld hauptsächlich die Filme der 1950er und 1960er Jahre waren. Viele Besetzungsrätsel konnten im Laufe der Jahre gelüftet werden- manche aber werden wohl für immer unbekannt bleiben.

Vor einigen Jahren aber kam für mich ein neues Kapitel der Synchrongeschichte hinzu: die deutschen Synchronfassungen der 1930er und 1940er Jahre. Ein bislang fast völlig unbekanntes Kapitel der deutschen Filmgeschichte. Denn für mich gehören auch die deutschen Synchronfassungen zur Filmgeschichte- auch wenn das von vielen Filmhistorikern immer noch ignoriert wird. Jedenfalls hat sich bislang noch kaum jemand an diesen Abschnitt des deutschen Films herangewagt.

Die deutsche Synchrongeschichte beginnt praktisch mit der Erfindung des Tonfilms. Die ersten „echten“ Tonfilme kamen im Laufe des Jahres 1929 in die deutschen Lichtspielhäuser. Im selben Jahr unternahm Universal in Hollywood die ersten Synchronversuche. In Deutschland wurden 1930 erste Synchronfassungen von ausländischen Filmen hergestellt. Bis 1933 aber wurden die meisten deutschen Synchronisationen nicht in Deutschland, sondern in Hollywood (MGM) oder Joinville bei Paris (Paramount) hergestellt. Ein Gesetz der deutschen Reichsregierung machte dem ein Ende; deutsche Synchronfassungen, die in deutschen Kinos laufen sollten, mussten auch in Deutschland hergestellt werden.

Sieht man sich die Synchronschauspieler jener Jahre an, so findet man durchaus noch Stimmen, die auch nach dem Krieg noch bekannt waren. An erster Stelle kann man Siegfried Schürenberg nennen, der ab 1933 vielen Stars seine Stimme lieh; so John Boles, Gary Cooper und natürlich Clark Gable. Aber auch Ruth Hellberg, Lu Säuberlich, Walther Suessenguth, Paul Klinger, Wolfgang Lukschy oder Curt Ackermann waren nach 1945 im Synchronstudio sehr präsent. Des gibt aber auch viele Namen, die heutzutage niemandem mehr etwas sagen: Trude Moos, Werner Pledath, Sonik Rainer, Oskar Schättiger oder Rose (Böttger-)Borgh wären hier zu nennen.

Bis Ende 1944 wurden nach meiner Schätzung ca. 450 ausländische Filme deutsch synchronisiert. Man wird die exakte Zahl wohl leider nie herausfinden, da viele Angaben leider verschollen sind. Es hätten sicherlich weitaus mehr sein können, wäre es nach den Filmproduzenten aus Hollywood, Frankreich oder England gegangen. Jedoch verhängten die Reichsregierungen zu Beginn der 1930er Jahre ein Filmkontingent, welches die Einfuhr ausländischer Filme regelte. Mit der Machtergreifung der Nazis kamen dann noch weitere Beschränkungen hinzu: jüdische Schauspieler oder Regisseure waren verpönt (obwohl dennoch einige von ihnen zu sehen waren…), missliebige Schauspieler, die sich negativ über Nazideutschland geäußert hatten, fielen beim Regime ebenfalls in Ungnade. Bis 1940 versuchten MGM, Paramount und Fox, ihre Filme nach Deutschland zu exportieren; Universal, RKO, Warner oder United Artists hatten lange vorher vor dem NS-Regime kapituliert. Im Sommer 1940 fiel auch für MGM, Paramount und Fox der Vorhang- keine US-Filme mehr in Deutschland. Vor allem italienische Filme sollten die Lücken füllen, die die Hollywoodproduktionen hinterlassen hatten.

Nach dem Krieg kamen nur wenige Vorkriegs- oder Kriegssynchronisationen nochmals in die deutschen Kinos. Einige französische Kriegsproduktionen der „Continental“-Film liefen kurz nach dem Krieg in unseren Kinos, verschwanden dann aber. Andere, wie MGM ließen ihre Prestigeproduktionen wie „Meuterei auf der Bounty“ oder „San Franzisko“ in neuen Synchronfassungen wieder anlaufen.

Man muss leider vermuten, dass die allermeisten der alten Synchronfassungen für immer verloren sind. Die drei Hollywoodkonzerne, die 1940 aus Deutschland abzogen, durften – nach langen Verhandlungen- ihre Filmkopien in die USA mitnehmen. Ob sie dort heute immer noch lagern ist wohl eher unwahrscheinlich. Vermutlich wurden sie irgendwann schlichtweg vernichtet. Im Bundesarchiv-Filmarchiv lagern noch rund 75 dieser deutschen Fassungen. Davon hat der gemeine Kinogänger allerdings gar nichts. Eine Veröffentlichung dürfte eher unwahrscheinlich sein (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Unklare Rechtslagen und die geringe Aussicht, damit ein profitables Geschäft zu machen, verhindern dies. Natürlich dürften nicht nur im Bundesarchiv-Filmarchiv diese alten Filmschätze lagern. Auch in anderen Filmarchiven könnte sich noch die ein oder andere Kopie befinden. An erster Stelle müsste man wohl das Staatliche russische Filmarchiv in Moskau nennen. Denn mit dem Kriegsende nahm die Rote Armee so manches aus Deutschland mit- sicher auch viele, viele Filmrollen.

Somit dürfte der Großteil der Filmfreunde, die sich für diese Kapitel der deutschen Filmgeschichte interessieren, nur wenige Beispiele dieser Synchronepoche erleben können.

Dieser Blog versucht etwas Licht in das Dunkel dieser Synchron“Ur“-Zeit zu bringen.

10 Gedanken zu “Über diesen Blog

  1. hans-joachim albrecht

    habe soeben ihre homepage über die synchro in deutschland vor dem 8.5.1945 gelesen und bin begeistert. ganz toll. mich interessiert dieses thema auch sowie überhaupt die synchro,
    aber nur bis maximal 1970. habe auch etliche synchrobestzungen aus der zeit vor 1945
    zus.getragen. vielleicht könnte man sich diese austauschen. ich war vor paar tagen schon mal
    in ihrer homepage und fand da ihre e-mail-adresse. dummerweise hab ich sie nicht notiert. und
    nun finde ich diese nicht. deshalb gehe ich über diesen kommentar.
    es wäre nett, könnten sie sich per e-mail bei mir melden.
    mit den besten synchro-grüßen verbleibt hans-joachim albrecht.

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  2. Hallo und gratulieren, ein Webseite über synchronizierte Filme 1933–1945 aufzubauen.
    Ich hatte immer gesucht eine Quelle zu entdecken, wo ich z.B. mehr über DIFU Spielfilme
    finden dürfte.

    Meine Webseite http://www.germanfilms.net hat ca. 425 Plakate aus dem Dritten Reich, und eingeschloßen sind einige Deutsche Plakate für DIFU und andere Ausländer wie Finnland, Ungarn, usw.

    Besten dank,

    William Gillespie

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  3. Royal of Peace

    Ein informativer und interessanter Blog, gefällt mir. Gerade was Synchronisationen von älteren Filmen betrifft, ein heikles Thema.

    Grüße, Royal

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  4. sk

    Vielen Dank für diese Zusammenstellung von großem historischen Wert – ich kannte die Familie Gressieker, wusste aber nicht, dass Hermann schon in den Dreißigern im Synchron tätig war (zur NS-Zeit keine schlechte Lösung als Dramaturg zu überleben).

    Alles Gute,
    Stefan

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  5. wolf-dieter bleyer

    hallo,ich bin auf der suche nach einen film aus dem jahr 1948/49 eine hans domnick produktion mit margarete haagen ,kirten heiberg usw.könne sie mir weiter helfen wo ich diesen film bekommen könnte ?m.f.g.wolf-dieter bleyer

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  6. Christian Repkewitz

    Hallo, bitte erlauben Sie mir den Hinweis auf eine mutmaßliche Personenverwechslung in ihrem Blog. Die biografischen Daten, die Sie für Käte Foerder hinterlegt haben, beziehen sich auf eine andere Person. Die Schauspielerin Käte Foerder wurde als Käthe Ilse Pauline Foerder 1907 in Deutsch-Wilmersdorf geboren, war zunächst bis zur Spielzeit 1927/28 an verschiedenen Bühnen aktiv (Gotha, Darmstadt, Fusionstheater Gera-Altenburg) und später Schauspielerin beim Kulturbund deutscher Juden in Berlin. Sie starb ledig 1935 in Berlin an den Folgen einer Operation. Beste Grüße, C.R.

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